Saturday, May 24, 2008

Chiemgau Biking - Sieben Tage im Mai ;-))

Schon wieder gibt es einen dieser mächtigen und ebenso herrlichen Wolkenstaus direkt vor den Chiemgauer Alpen. Kachelmann hätte seine Freude daran. Wolkenstau heißt hier aber zuallererst einmal - Regen! - „Macht euch nix draus“, ermuntert uns Markus Alexander Wössner, Chef-Radler von Chiemgau Biking und unser Sonnenschein mit seinen sechs Profi-Helferinnen und Helfern für die nächsten sieben Tage im Mai unterwegs in Bayern zwischen Bad Endorf und Sachrang an der Grenze zu Österreich.

Nur eine knappe Stunde von München entfernt findet man rund um den Chiemsee eine Landschaft, die auf gut überschaubarem Gelände Berge und Täler, Wälder und Wiesen, Moore, Seen und Bäche mit ganz unterschiedlichen Lebens- und Erlebensformen zusammenfügt. Die Eiszeit vor 15.000 Jahren hat dieses traumhafte Juwel Oberbayerns geprägt, das durch das Schloss Herrenchiemsee von König Ludwig II. Weltruhm erlangte.

„Was habt ihr denn? Das ist doch bestes Radler-Wetter,“ kommentiert Markus unser erstes Murren. „Auf geht´s!“. Und recht hat er. Es geht auf. Bergauf. „Oh“, wundert sich Gabi aus Hannover schon nach den ersten paar Metern. „Meine Haare werden ja ganz nass!“ Gabis halblangen Haare mit kurzem blondem kecken Zopf werden wirklich nass. Ganz nass. Und das trotz windschnittigem stylishem Fahrradhelm. Gabi ist letzte Woche 21 geworden und schon Top-Verkäuferin von Hosen und Hemden in Hannover. Das soll ihr erst mal einer nachmachen. Auf dem Rad entwickelt sie einen ähnlichen Ehrgeiz: „Also los!“, ruft sie irgendwann entschlossen, „hinein ins Moor!“

40 im Radeln vollkommen ungeübte Fachverkäuferinnen und -verkäufer einer großen deutschen Kleider-Kette schwingen sich erlebnishungrig auf´s ultimative Chiemgau-Bike. Es handelt sich bei den Damen und Herren um die „TOP 40“ der umsatzstärksten Läden. Eingeladen hat sie ihr Chef im Rahmen eines Incentive-Urlaubs. Als Belohnung sozusagen für ihre guten Umsätze.

Michael Schmiederer kommt aus dem Schwarzwald. Auch Michael wurde für seine guten Umsätze mit blitzsauberen Hosen und Hemden mit dieser Tour durch das Chiemgau belohnt. Auch Michael wird nass auf der spritzigen Fahrt durchs Chiemgauer Moor, das Naturschutz-gebiet „Kendlmühlfilzen“ zwischen Rottau und Grassau.

Die Landschaft ist atemberaubend schön. Vorder- und Hinterrad seines hochwertigen Chiemgau-Bikes (Kostenpunkt: um die 3.000,00 Euro) schleudern ihm von unten unablässig matschig nassen Moorboden auf seinen Hosenboden, seinen Bauch und seine Brust. Wenn er den Mund einmal etwas zu weit aufmacht, spritzt der Moorboden sogar bis unter die Vorderzähne.

„Wir haben extra keine Schutzbleche montiert“, schmunzelt Markus schelmisch. - Nach zwei Stunden sehen alle aus wie triefend nasse Torfballen auf zwei Rädern. „Diese Hose“, strahlt Michael bei der ersten Pause und blickt stolz an sich herunter „die lasse ich, genauso, wie sie ist, gleich im Hotel trocknen und stelle sie mir als Andenken an diesen geilen Trip in meine Wohnzimmer-Vitrine.“

Zurück zu Gabi. Sie liegt ein bisschen hinten in der Gruppe, aber immer noch weit vor mir. „So schnell lass ich mich doch nicht klein kriegen“, keucht sie an einer kleinen Steigung hinauf nach Aschau, wo ich sie für einen winzigen Moment einhole, weil Markus mich netterweise ein paar Kilometer angeschoben hat.

Von oben bis unten ist auch sie durch und durch klitschnass und lehmig verschlammt wie alle anderen 39 Moor-Biker. Die Hose kann man nicht mehr als solche erkennen und hat sich somit auch einen Ehrenplatz in der Wohnzimmervitrine verdient. Das gilt auch für Gabis Strümpfe und Schuhe. Alles an ihr ist - Moor.

Gabis Kopf sieht aus wie der einer erdigen Mumie, die zu lange im Wasser gelegen hat. Ihre Schultern ähneln denen von Arnold Schwarzenegger. Arme, Hände und Fingerspitzen sehen aus wie die von Grimms Max und Moritz kurz nachdem die beiden aus dem Backofen gepurzelt sind. Das in Italien fein gewebte und im Preis enthaltene strahlend weiß-blaue original Chiemgau Biking T-Shirt liegt unter drei bis vier Schichten Lehm, Schlamm, Moor und Erde.

„Das ist Natur pur!“ strahlt Gabi mich an und lacht und lacht und lacht bis ich sie wieder aus den Augen verloren habe. Ich habe selten so einen glücklichen Menschen gesehen.

Szenenwechsel. Ort: Bad Endorf. Zeit: September 2006 vormittags. „Körper-TÜV“ in den frisch eröffneten Chiemgau Thermen mit insgesamt 1.800 Quadratmetern Wasserfläche, Saunawelt mit Wellness- und Beauty Vital Bereich sowie einem hochmodern ausgestatteten Trainings- und Gesundheitszentrum.

Dieser Körper-TÜV für den gebürtigen Chiemgauer Markus Alexander Wössner ist optimal auf seinen Biker-Body mit nur sechs Prozent(!) Körperfett eingestellt. Unser 38jähriger Chef-Guide macht uns mal eben vor, wie´s geht. Er tritt mehr als eine halbe Stunde lang ununterbrochen und schweißtreibend mit 300 Watt im Maximum in die Pedale des durchdigitalisierten Trainings-Rades, das eine stetig steil ansteigende Bergfahrt simuliert. Es wird also mit jeder Minute anstrengender. Unter ihm entsteht nach 30 Minuten in den ungefähren Umrissen der Chiemsee. Schweißtropfen für Schweißtropfen. - Das Bayerische Meer?

Nun ja, nicht ganz. Der Chiemsee im südostbayerischen Alpenvorland zwischen Rosenheim und Traunstein ist mit seinen 80 Quadratkilometern der größte See Bayerns und immerhin drittgrößter See Deutschlands. Bis zu 71 Meter tief und kristallklar im Alpenvorland mit Herreninsel, Fraueninsel und unbewohnter Krautinsel. Selbst nach 2.000 Jahren kultivierender Eingriffe der Menschen hier sind am Chiemsee und den nahen Chiemgauer Bergen Kultur und Natur in verträglicher Weise vereint. Von der Uferlinie des Sees sind 90 Prozent unbebaut und mehr als die Hälfte gilt als naturnah.

Markus Alexander Wössner strampelt tapfer weiter gegen die eingestellte Steigung an, die mit jeder Minute etwas steiler wird. Steigungen ist der Chef von Chiemgau Biking ja durchaus gewohnt. Bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit und bei jedem Wetter biked er rauf auf Hochplatte (1.587 m), Kampenwand (1.664 m) oder Hochgern (1.748 m). Insgesamt mehr als 150.000 Höhenmeter im Jahr. Rein rechnerisch sind das 17 Mal den Mount Everest rauf und runter!

„Mama, gibt´s hier keine Pommes?“ fragt das etwa fünf- bis sechsjährige Mädchen am fein eingedeckten Nebentisch, während die Eltern die Speisenkarte sorgfältig studieren. „Papa“, quakt es ungeduldig. „Gibt es denn wenigstens Cola oder Limonade?“ – Boris Pungarsek, ursprünglich aus Slowenien und langjähriger Oberkellner im Bernauer „Jägerhof“ nähert sich dezent dem Kleinfamilientisch, beugt sich hinunter zur Mutter: „Wir könnten der Kleinen eine Variation aus Knödeln, Spätzle und Kartoffeln zubereiten.“ – Die Kleine schüttelt vehement mit dem Kopf. – „Vielleicht ein Butterbrot?“ flötet Boris versöhnlich.

Mama und Papa ordern der Einfachheit halber das Tages-Menü. Erster Gang: Petersilien-Würzel-Terrine weiß-grün an Ruccola und halber Strauchtomate. Ein Augenschmaus. Zweiter Gang: Tomaten-Karotten-Suppe mit frischem Ingwer und frischem Karotten-Grün mit Creme Fraiche und milder Thai-Schärfe. Dritter Gang: Kleiner, bunter Sommersalat mit frischen Sprossen, apettitanregend mit feiner Essig-Öl-Soße. Vierter Gang: Rosarotes Rehschauferl von der „Hochplatte“ an Rosmarin und Preißelbeermarmelade, Wachholderbeeren, Thymianjus, Spätzle, Blaukraut und ein paar jungen Zuckererbsen. Fünfter Gang: Kleine Variation mit Mangostreifen auf Eis an frischen Erdbeeren mit Sahne und Minze.

“Und für mich bitte ein Butterbrot“! schallt unüberhörbar ein junges Stimmchen durch das vollbesetzte Restaurant. Boris und sein inzwischen hinzugeeilter Küchenchef Willi Mehlhart lächeln verständnisvoll und kommentieren die Order im Duett mit den Worten: „Eine gute Wahl!“

Barbara Harrer lehnt sich entspannt auf dem Oberdeck des Chiemsee-Schiffes „Ludwig Feßler“ zurück und lässt sich für ein paar Minuten die sanfte Sonne in ihr Gesicht scheinen. Ruht sich aus.

Wir scheinen als wissensdurstige Gruppe recht anstrengend zu sein. Das lässt sie sich aber nicht wirklich anmerken.

Zwei Stunden lang hat sie als stellvertretende Leiterin der Priener Tourismus GmbH unsere Fragen geduldig und kompetent beantwortet.
Ein paar ausgewählte Beispiele:
Frage: „Wie heißt noch mal der Berg dahinten?“ -
„Das ist die Kampenwand mit Seilbahn, die man jetzt auch ganz klein sehen kann. 1. 664 Meter ist die hoch.“

Frage: „Was ist das für ein Ort da vorne?“ -

„Mei, das ist Gstadt. Mein Kollege dort hat den mit Sicherheit schönsten Ausblick von seinem Tourismus-Büro aus: Er blickt direkt auf den See, die Fraueninsel und die Alpen. Traumhaft.“
Frage: „Was war noch mal mit Ludwig dem Zweiten und seinem Schloss auf der Insel los?“ -

„Das Schloss Herrenchiemsee mit zum Beispiel der Kleinen Galerie, dem Porzellankabinett und natürlich der fast einhundert Meter langen Großen Spiegelgalerie ist der Versuch einer prunkvollen Nachbildung von Schloss Versailles des französischen Sonnenkönigs Ludwig dem Vierzehnten. Es ist zwar alles nicht ganz fertig geworden, hat aber die nur zweieinhalb Quadratkilometer große Insel und den Chiemsee insgesamt weltberühmt gemacht. Der Bayernkönig Ludwig der Zweite hat nur zehn Tage lang hier gelebt, bis er auf mysteriöse Weise ums Leben kam. Er ist ertrunken“.

Frage: „Was sind das für Fische da unten?“ -

„Das sind Chiemsee-Renken. Die ernähren sich ausschließlich von winzigen Chiemsee-Algen und Kleinstlebewesen hier im See, sehr lecker am Stock gegrillt als „Steckerlfisch“. Ein reines Naturprodukt.“

Frage: „Warum hat der Chiemsee so klares Wasser?“ -

„Das verdanken wir der Chiemsee-Ringkanalisation. Die hält den See sehr sauber.“
Perfekt. Kompliment. Der Chiemsee ist in der Tat sehr sauber. Darauf sind hier alle stolz, natürlich auch Klärmeister Hans Meier und Christoph Wiedemann vom Wasserwirtschaftsamt Traunstein. Auch ein kritischer eigener Test an Bord der 1924 erbauten Hafenbarkasse „MS Birgit“ mit dem Ornithologen Dietmar Krause auf dem Weg zum Flussdelta der Tiroler Achen ergibt, dass wir mehr als acht Meter tief in den See hinein gucken können. Dazu hängen wir langsam ein langes Seil mit Markierungen ins Wasser.

Jeweils freitags und samstags sticht „MS Birgit“ zu einer dreistündigen Erlebnisfahrt in See. Thema zum Beispiel: „1.300 Pflanzenarten, 300 Vogelarten inklusive Kormoranen und 30 Fischarten“.

Auch wir sehen die seltenen und geschützten Kormorane. „Diese Mistviecher fressen uns die ganzen Fische weg“, empört sich ein offensichtlich ortskundiger Gast auf der „MS Birgit“ gegenüber Dietmar Krause. „Das stimmt“, entgegnet der. „Aber wir sind ja froh, dass Wasser-Rallen, Flussregenpfeifer, Kormorane und neuerdings sogar Seeadler hier brüten“.

Seit 1954 ist das Mündungsgebiet der Tiroler Achen, dem größten Chiemsee-Zufluss mit weit verzweigten Schlamm- und Kiesbänken Naturschutzgebiet. Deshalb hält die MS Birgit auch respektvollen Abstand. Betreten und Befahren des Mündungsgebietes sind ausdrücklich verboten.

„Entstehen und Vergehen des Chiemsees“ lautet ein anderes Thema von Dietmar Krause. Was wir ja nicht ahnen konnten: In ungefähr 15 bis 20tausend Jahren verschlammt der Chiemsee mit einer Fläche von etwa 80 Quadratkilometern jährlich durch seinen einzigen Zufluss aus den Alpen. Etwa so, wie wir schon heute verschlammt sind nach unserer nassen Tour durchs Moor?

Am frühen Abend reinigen wir uns jedenfalls porentief vom moorigen Schlamm auf der Haut und in den Haaren im blitzblanken Erlebnisbad „Prinavera“ mit diesem unvergleichlichem Blick auf das hell erleuchtete Schloss Herrenchiemsee, der Traumwelt von Ludwig II. Müde und glücklich fallen wir irgendwann in die Betten und lauschen dem leichten Wellenschlag und Glucksen des Bayerischen Meeres.

Und träumen vom Wiedersehen am Chiemsee ;-))
Rolf Schmelzer, Kathmandu
sunny&warm, 24. Mai 2008
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Info 1:

Unterkunft und Programm:

Hotels, Restaurants, Touren und Extratouren finden Sie auf http://www.chiemgau-biking.de/, info@chiemgau-biking.de, Tel.: 08051-9617613, Fax: -9617614.

Weitere Infos zur Feriendestination Chiemsee/Chiemgau:
http://www.chiemsee.de/, http://www.chiemgau.de/, http://www.chiemsee-schifffahrt.de/ (ganzjährig), http://www.tourismus.prien.de/, http://www.segelschule-prien.de/.

Der besondere Tipp:

Bayerisches Moor- und Torfmuseum, Torfbahnhof Rottau am Chiemsee, Samerweg 8, 83224 Grassau, Tel./Fax: 08641-2126, Museumsleiter Claus-Dieter Hotz (sehr nett & sachkundig).

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Info 2:

Die Strecke:

1. Tag: Bis mittags Anreise nach Bad Endorf bequem mit DB oder Auto bis MUC. Körper - TÜV Gesundheitswelt Chiemgau 14.00 bis 17.00 Uhr. Übernachtung im Ströbinger Hof, einfache, gesunde Küche.

2. Tag: ca. 11:30 Start Chiemgau-Biking von Bad Endorf bis Prien am Chiemsee. Zwischendurch Brotzeit am See. Check In Yachthotel Chiemsee am Nachmittag. Dinner und Übernachtung im Yachthotel mit Rad-Garage.

3. Tag: Frühes Check Out Yachthotel Chiemsee. Mit den Bikes auf´s Schiff zur Herreninsel, dort Führung, weiter zur Fraueninsel, dort Mittagessen, weiter nach Gstadt und von dort per Bike nach Gut Ising mit Super-View! Dort Dinner mit Übernachtung und Frühstück.

4. Tag: Von Gut Ising zurück nach Prien am Chiemsee per Rad bis Yachthotel mit Dinner, Übernachtung und Frühstück.

Alternative 1: Chiemseeschifffahrt Seebruck-Prien.

Alternative 2: südliche Chiemsee-Umrundung (etwas weiter und nicht ganz so schön wie das Nordufer).

5. Tag: Per Bike von Prien am Infocenter vorbei mit kurzer Rast und Chiemsee Renke. Weiter durchs Moor bis Burghotel Aschau mit Radlerkeller. Dinner, Übernachtung und Frühstück.

6. Tag: Kampenwand per Seilbahn auf und ab. Kleines, aber feines Mittagessen in Winkler´s Residenz. Nachmittags gemütlich weiter bergauf bis Sachrang. Dort Sauna, Dinner, Übernachtung im Posthotel und Ende nach dem späten Frühstück mit Nachbesprechung. Abreise bis 12.00 Uhr.

Optional: Verlängerungswoche ab Posthotel Sachrang mit Bike Touren von Chiemgau Biking mit Hochseil-Klettergarten, Segeln und Seebühne.

Infos unter: http://www.chiemgau-biking.de/

Copyright Mai / 2008: Rolf Schmelzer
www.xing.com/profile/rolf_schmelzer
Tel.: +977-980-3215438 (Kathmandu)

mail: rolf.schmelzer@koeln.de